KINDER, ist die Welt nicht schön!

Deutschland feiert am 1. Juni Weltkindertag! WHUT? Ach ne, nur ein typischer Discounter-“knapp daneben ist auch vorbei“-Denkfehler. Aber nicht schlimm, warum soll man auch von Europas größtem Supermarktbetreiber erwarten, den feinen Unterschied zwischen dem Weltkindertag (20. September) und dem Internationalen Kindertag (1. Juni) zu verstehen. Oder ne, noch besser: Was glaubt eigentlich der deutsche Supermarktkunde, dass ein renditegetriebenes international agierendes Discountunternehmen irgendeine andere Sprache versteht als die des Geldes. Lidl feiert also am 1. Juni den Ehrentag für alle Kinder dieser Erde und haut so richtig schön den Plastikspielzeugmüll und anderen Tand raus, alles was halt ein deutsches Kinderherz höher schlagen lässt: Rennautos, Wunderknete, Stifte und Malblöcke, Puzzlespiele … Die Mütter und Väter dieses Landes haben sicherlich sehnsüchtig darauf gewartet, zu den BERGEN an Spielzeugen, die jetzt schon in Kisten und Kästen, Boxen und Schubläden, auf, unter, neben und vor den Kinderzimmerschränken gelagert werden, einen weiteren Spielzeugmüllberg dazuzukaufen. Auf dass es den lieben Kleinen ein müdes interessegeheucheltes Lächeln auf die Lippen zaubert, spätestens aber nach 24 Stunden wie aus der Visage weggewischt das verwöhnte Gör in seine coronabedingte digitalen Demenz zurückkatapultiert.

 

Was genau hat Lidl an jenem Junitag eigentlich zu feiern? Dass wir Deutschen uns glücklich schätzen dürfen, in einem galoppierend überalternden Land überhaupt noch Kinder mit dummem Spielzeug beschenken zu dürfen? Oder dass wir einfach mal den Kleinsten unter unseren Landsleuten unseren tiefen Dank aussprechen sollten, so viele lange, düstere Pandemiemonate in Einsamkeit, Dunkelheit, Abwechslungslosigkeit und bildungsmäßiger Abstinenz erduldet zu haben? Oder überhäufen wir die Kleinen deshalb mit Geschenken, weil wir unser schlechtes Gewissen überspielen wollen, weil wir vielleicht selbst in der längsten und tödlichsten Pandemie der letzten 100 Jahren ein bisschen verrückt geworden sind, ein bisschen zu sehr über die Stränge geschlagen haben, etwas zu sehr ausgetickt sind, die Kontrolle verloren haben, übergriffig geworden sind, vielleicht ein- oder zweimal zu feste zugelangt zu haben, vielleicht auch aus unerträglicher Langeweile und Frust heraus die Grenzen von Scham und Jugendschutz mutwillig überschritten haben, einfach mal der Kleinen an die kleinen Titten oder dem Jungen in den Schritt greifen wollten?

 

Fälle von sexueller Gewalt an Kindern und Kinderpornografie nehmen zu“ - mahnt die Bundesregierung auf ihrer offiziellen Internetpräsenz. „Laut Polizeilicher Kriminalstatistik gab es 2019 etwas mehr als 4.000 Fälle von Kindesmisshandlung – ähnlich viel wie im Vorjahr. Vermehrt kam es jedoch zu sexueller Gewalt an Kindern. Hier verzeichnet die Statistik knapp 16.000 Fälle und damit über 1.300 mehr als 2018. Noch stärker angestiegen sind die Fälle von Kinderpornografie: Die Zahl der polizeilich erfassten Delikte in diesem Bereich erhöhte sich um etwa 65 Prozent auf mehr als 12.200.“ Dass die Täter zumeist zur eigenen Familie gehören, ist schon lange bekannt. Väter, Onkel, Brüder, Cousins, Schwager – Kindesmissbrauch ist eine zutiefst gender-konnotierte Gewalttat, weil sexuelle Gewalt „in etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle durch Männer und männliche Jugendliche statt[findet]“ und nur „zu etwa 10 bis 20 Prozent durch Frauen und weibliche Jugendliche. Dies bestätigen auch internationale Studien.“ Scheiß männliche Gene also. Wenn ein gender bias ganz vorurteilsfrei geäußert werden darf, dann der: Der typische Gewaltverbrecher oder Sexualstrafttäter ist ein Mann. Punkt. Und das dollste: Der 0815-Macho ist ein Mann wie du und ich: schwul oder hetero, gebildet oder doof, hat Geld oder lebt von der Stütze. Das komplette Panoptikum der männlichen Testosteron-Abundanz: zu dicke Eier, zu große Lust, zu viel Aggressivität und zu wenig Schamgefühl.

 

Wir waren bei den Kindern.

 

Lidl wirft in unvorstellbaren Mengen Spielzeug und Kinderkrams auf den Markt – und nimmt ganz schamfrei den (falschen) Weltkindertag zum Anlass dafür. Interessiert sich dieser Konzern ernsthaft für das Wohl der Kinder in diesem Land? Oder eigentlich müsste es anders formuliert werden: Den Kindern in Deutschland und anderen wohlhabenden Ländern geht’s dermaßen unverschämt gut: Spielzeug wird das ALLERLETZTE sein, an was es diesen Blagen mangelt. Ist diese Aktion angemessen angesichts des Leides HUNDERTERMILLIONEN Kinder in der Welt, denen selbst das Brot, das Schulheft, festes Schuhwerk fehlt? Warum kommt ein Einzelhandelsriese an einem solchen symbolträchtigen Tag auf die unsinnige, unnötige und unanständige Idee, Wohlstandsmüll in Form von Spielzeug mit aller Marketingmacht in die Köpfe und Herzen seiner Kunden zu pressen?

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