Schweinebauchanzeigen-Kunde Teil I

Schweinebäuche so weit das Werberauge reich

Schweinebauchanzeigen gelten in Werbekreisen als die Schmuddelkinder der recht lauten Produktkommunikation. Während das neugierige und fancy Töchterchen Below spielerisch sämtliche digitale Kanäle bedient, und der etwas konservative Sohnemann Above es lieber klassisch mag und mit Zeitungen, TV und Radio rumhantiert, hockt das dicke und doofe Schmuddelkind auf dem Sofa, zieht sich quietschbunte Comics rein und liebt das Einfache, Ungeschminkte und Dümmliche. Es ist ein Meister der Dreiwortkommunikation: Bunten Festivitäten-Plunder verhökert es lautstark mit „Pfingsten fröhlich feiern!“ oder "Weihnachten wird wundervoll". Und wenn alter Ramsch endlich auf die Straße soll, um Platz für neuen China-Schrott zu machen, ruft es: „Voll günstig kaufen!“ oder "Warum mehr zahlen?". So dick und doof der Schweinebauch auf manche wirkt, so sehr ist sie jedoch auf ihr Äußeres bedacht. Offenbar hat sie viel zu viel freie Zeit und probiert alles aus, was klamotten- und schminktechnisch aus sich herauszuholen ist. Der Schweinebauch weiß genau, wie Aufsehen erregen.

So ungefähr lässt sich das Image dieser Werbeform beschreiben. Als bunte Blätter, meist in DIN-A4-Format und mit Klammerheftung, landet es einzeln oder als Sammlung in Briefkästen und verursachen beim Empfänger nicht selten den gefürchteten Werbedurchfall – so genannt, weil dieser Haufen Papier aus ästhetischen oder Interessensgesichtspunkten bei zahlreichen Verbrauchern schlichtweg durchfällt und ungesehen in die Altpapiertonne befördert wird. Aber es gibt auf der anderen Seite auch erstaunlich viele, die auf diese Art Anmache stehen und den dick geschminkten Fleischthekentransen das Billobeef kiloweise abkaufen würden. So was hat man gern: In der Öffentlichkeit den feinen Herrn markieren und mit dem Rad zum Bioladen fahren, aber sich zu Hause in der Jogginghose von der dicken und doofen Schweinebauchanzeige einen blasen lassen.

Was die Schweinebauchanzeige unter allen Werbeformen ultimativ in den Vordergrund rückt, ist ihre ungeschminkte Art. Sie verbirgt in keinster Weise, worum es ihr geht. Nämlich ums Kaufen, Kaufen, Kaufen auf Teufel komm raus. Scheiß auf deinen kleinen Kühlschrank oder die viel zu volle Bude. Scheiß auf „Ich möchte weniger Fleisch auf dem Teller“ oder „Wir schenken uns dieses Jahr nichts zu Weihnachten“, auf den überquellenden Kleiderschrank oder deinen Fettwanst, der seit Jahren über den stramm gespannten Gürtel quillt. DU SOLLT DEIN GOTTVERDAMMTES GELD FÜR DIESEN UNNÜTZEN SCHEISS AUSGEBEN, DU DUMME SAU! Und dein Gewissen interessiert mich einen Dreck, ob du überlegst, weniger zu essen, auf Zucker zu verzichten, ob du erst vor 5 Jahren einen neuen Flatscreen gekauft oder du schon einen PC auf dem Schreibtisch stehen hast und nun mit dem neuesten Hammer-Laptop liebäugelst, ob dich dein schlechtes Gewissen quält, weil du weißt, dass für deinen Fleischhunger Tiere zu Millionen in den Schlachthöfen ausbluten, ob noch mehr Erdöl zu Plastikstühlen verarbeitet wird und die Böden auf allen Kontinenten aufgerissen und vergiftet werden, damit das verfickte neuste iPhone pünktlich auf dem Markt geworfen werden kann. ES INTERESSIERT MICH NICHT, sagt die Schweinebauchanzeige. Und das macht sie so brutal ehrlich.

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