Post- oder Hauswurf ist nicht einfach nur unerwünschte Werbung. Es gibt anspruchsvoll produzierte Werbewurfsendungen. Es gibt solide gebaute Schweinebauchanzeigen. Und es gibt den Briefschlitz zumüllendes bedrucktes Papier, dessen von allem Anfang an vorherbestimmter Endzweck wahlweise darin zu liegen scheint, als griffnahes Hüllsel für fangfrisch vom Markt erworbenen Fisch zu dienen. Oder als Notration eines auf abseits gelegenen Bedürfnisanstalten ausliegenden Scheißhauspapier-Surrogats herzuhalten. Oder schlichterdings: überschüssige Euros für billigsten China-Schrott mittels unglaubwürdig zusammengedengelter Fotomontagen einer durch „Geiz ist geil“-lobotomisierten Konsumzombieschaft aus dem Portemonnaie zu kitzeln. Ungelogen: Es gibt keine Werbeform, die das unterirdische Qualitätsniveau des genannten Briefschlitzmülls noch unterbieten könnte. Schlechteste Produkte in minderwertigster Qualität zu billigsten Kampfpreisen werden auf hohnlachend unästhetische, vor allem aber unglaubwürdige Weise einem geschmacklich als minderbemittelt, dafür ungemein „preissensibel“ eingeschätzten Publikum feilgeboten.
Das Sortiment des geschmacklichen Grauens umfasst aufblasbare Poollandschaften, in die sich mittels trittfester Aluminium-Anlegeleitern unterarbeitete, dafür überfressene deutsche Dickhäuter in
das mit bis zu 9000 Liter wahlweisem Inhalt (Wasser, Bier, Urin) auffüllbare Badevernügen plumpsen lassen können. Andere Artikel der unheimlichen Art sind sogenannte „Möbel aus geöltem
Walnussholz“, die vermutlich weniger aus heimischer Produktion, denn aus ostindischen Monokulturen gezimmert werden. Gilt Walnussholz den einen als das edelste einheimische Holz, das für gehobene
Innenausstattungen und Möbel verwendet wird, ist es in den Schweinebauchanzeigen, die wir einer näheren Betrachtung unterziehen, nur in Form von Billigbehauen zu finden, die – so die Anpreisung –
als „Badmöbel“ dereinst ihren Einsatz finden sollen. Schon der unbebrillte Blick auf die hobbyhaften Holzverschläge zeigt, dass kein Meister seines Faches für die Konstruktion oder den Bau
verantwortlich zeichnen kann. Auch die im untersten zweistelligen Eurobereich liegenden Preise künden vom unseligen Zusammenspiel minderwertigen Materials mit handwerklicher Lieblosigkeit und
einer niedlichen Portion Kundenverarsche.
Dem achtsamen Betrachter dieser Pamphlete werden auch die Kronjuwelen des industriell verfertigten Unnutz nicht entgehen, an denen das Auge schmerzhaft beim Durchblättern hängen bleibt. Ob
Marmor-, Quarzkies oder Splitt – all das braucht kein Mensch doch net! Wem es in der Muckibude schon wieder zu sehr menschelt, der darf gern seine zwei oder drei Zepse beim Nachhauseschleppen der
jeweils 25-Kg-Säcke voll Gesteins trainieren. Ernsthaft: Wer sich freiwillig einen halben Zentner Kies in den Kofferraum wuchtet, hat entweder zu viel Vorgarten oder zu wenig guten Geschmack.
Kies und Schotter gehören auf die Bank oder ins Fluss- bzw. Gleisbett, aber nicht vor eine Haustür.
Auch der Sinn eines 24 cm langen Regenmessers aus Plaste erschließt sich nicht auf Anhieb. Will da wer in See stechen? Oder sich bei Starkregen einen Weg durch Unwetter schneiden? Es gibt Kanäle
in unserer heillos überfüllten TV-Sendersammlung, die sich mit NICHTS anderem als mit Wetterdaten befassen. Woher kommt der Wind und wohin will er? Wird es warm und wenn ja, wie viel Grad?
Welcher Luftdruck herrscht in welchen Teilen des Landes? Wie viele Blitze zucken durch die Gewitternacht und wie viel Liter Regen wird auf den Quadratmeter fallen? Der Meteorologe will alles
wissen, was sonst niemanden interessiert. Genau darum wird der Hobbygärtner bestens bedient sein, dieser verlässlichen Informationsquelle zu vertrauen als selbst solche Daten zu
erpfuschen. Umgekehrt würde KEIN Meteorologe jemals den Regenmesser der Sonderposten-Seite unserer Schweinebauchanzeige auch nur versehentlich in die Hände nehmen. Also für wen verdammt ist
dieser Murks?
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