
Da hat uns Corona aber ordentlich über den Löffel balbiert. Noch vor nicht allzu langer Zeit dachten wir, diese hirn- und herzlose Nanobe, dieser wahnwitzige Winzling, der einen kompletten und überbevölkerten Planeten in Geiselhaft hält, ließe sich durch menschliche Ingeniosität in die Schranken weisen und wir Götterlieblinge seien in der Lage, ihm den Garaus zu bereiten. Doch weit gefehlt. Wir sind da, wo wir seit anderthalb Jahren mit vollgeschissenen Hosen und angstgeweiteten Augen stehen: am Rande unseres herbeineurotisierten Nervenzusammenbruchs.
Die Pandemie zeigt uns Westlern in mehrfacher Weise, in welch absurder Lage wir unser Dasein fristen. Wir befinden uns in der historisch einmaligen Situation, nicht nur längst totgeweihten
Schwerstkranken auf künstlichste Art und Weise weitere Monate und Jahre an Lebenszeit apparativ und medikamentös aufzuoktroyieren. Nein, zu aller Abundanz fristen wir in biologischer,
teleologischer und eschatologischer Hinsicht ein über alle Maße gestrecktes und gedehntes Dasein und sind – vornehmlich in den dekadenten Hochtechnologienationen – in zunehmendem Maße dazu
verdammt, unseren Lebensüberdruss auf dem Gipfelpunkt des über Jahrzehnte angehäuften Wohlstands mit Fressen, Feiern, Hurerei oder anderem nutzlosen Zeitvertreib totzuschlagen.
... doch dann kam Poly. Und all die Versicherungsvertreter vor dem Herrn, die Risikoaversen und die LFDY’s gleichermaßen, die dem Trugschluss anhingen, die expedite Exportnation würde ihren
Erfolg, die brave Gutbürgerlichkeit und gemütliche Behäbigkeit um weitere Jahrzehnte extrapolieren, wurden kalt von einer poly-pandemischen Seuche wachgeküsst, die sich in Wellen und wechselnden
Varianten seismisch über den Globus wälzt und als memento mori unsere blasierte Selbstgefälligkeit gehörig ins Wanken bringt. Das Herdentier Mensch, das – von fernöstlichen Meditations- oder
norddeutschen Yoga-Retreats mal abgesehen – im Umgang mit anderen Artgenossen schwelgt, musste trotz Doppelimpfung fassungslos feststellen, dass diese widerliche Krankheit als Krönung der schon
anderthalb Jahre währenden Zumutungen sich fortwährend verändert und damit jeden bislang erworbenen Immunschutz herausfordert.
Erst eins, dann zwei, dann drei, jetzt vier – und dann noch Omikron vor der Tür. Wer wie ich bei der ersten Welle dachte: „Augen zu und durch, wird schon!“ und mit dieser Haltung meinte,
möglichst rasch das vermeintlich Schlimmste hinter sich zu bringen, der wird erst in der Rückschau der eigenen kompletten Unkenntnis gewahr, was es bedeutet, auf einem von knapp 8 Milliarden
Menschen bevölkerten und wirtschaftlich wie verkehrstechnisch durchweg erschlossenen Planeten von einer Pandemie heimgesucht zu werden. Überhaupt erscheinen all die Ängste im Rückspiegel
lächerlich im Vergleich zu dem, was wir gerade erleben. Ein ansteckender, durchaus gefährlicher Wildtyp, der während der 1. Welle für 100 bis 200 Tote und 5.000 bis 7.000 Neuinfektion am Tag
verantwortlich zeichnete, war gemessen an dem, was in der 2. Welle über uns hereinschwappte, minime. Und die Gesamtschau aller vorangehenden mit der jetzigen 4. Welle zeigt, dass es bei einer
Zahl von in der Spitze fast 80.000 Neuinfektionen offenbar nach oben keine natürliche Grenze zu geben scheint. Und dass dieses Ungemach sich als durchaus noch steigerungsfähig erweist, wenn es
der Omikron-Variante gelingt, sich ähnlich der Delta-Variante aggressiv gegenüber allen rezenten Varianten durchzusetzen.
Patrick Diekmann, der Sensemann von t-online, spricht bei der Omikron-Variante von einem „Sturm in dieser Pandemie, der langsam aufzieht und bei dem die Welt noch nicht weiß, wie schlimm er am Ende werden wird.“ Soso. Also quasi fast keine Ahnung haben, aber den Leuten Angst einjagen. Bebildert mit einem Teaserfoto wie aus einem Doomsday-Sequel-Streifen, das noch vor dem ersten Lesen suggerieren soll: Leute, zieht euch warm an! Es kommt alles noch viel dicker. Ist das guter Journalismus? Wenn alle, die gerade auf dem Omikron-Zug aufspringen, ihn ähnlicher Manier verkünden, wie schlimm es durch diese Variante vielleicht noch wird? Meines Wissens hat sich noch kein seriöser Virologe oder Fachwissenschaftler derart weit zu dieser Mutante aus dem Fenster gelehnt, wie es die Journaille gerade tut.
[...]
Ach ne, sehe gerade, dass Lauterbach, Drosten, Keppler und Konsorten ins gleich Horn blasen. Na dann halt: Unwissenheit gepaart mit Aktionismus = die eigene Bevölkerung völlig gaga machen.
Wenn Sie nicht wissen, wie schlimm es am Ende wirklich werden wird, Herren Journalisten und Wissenschaftler: Warum warten Sie mit dem Verfassen von Artikeln oder dem medienwirksamen Auftritt denn
nicht so lange, BIS sie es wissen!? Schwarzmalerei, Glaskugelbeschau oder schlichte Ahnungslosigkeit ist bei unseriösen Publizisten wir mir deutlich besser aufgehoben.
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